Pflegestufen und Pflegegrade: Was Sie vor dem Beantragen wissen sollten
Wenn Menschen pflegebedürftig werden, steht für die Angehörigen das Beantragen von Pflegegeld an. Doch wie viele und welche Pflegestufen gibt es? Unter welchen Voraussetzungen erfolgt die Einstufung in den Pflegegrad und wie viel Geld gibt es bei welchem Pflegegrad? Wir haben die wichtigsten Infos für Sie zusammengestellt.
Wie unterscheiden sich Pflegestufen und Pflegegrade und was gilt für Sie?
Pflegestufen und Pflegegrade sind zwei unterschiedliche Arten, pflegebedürftige Menschen in Kategorien einzuteilen. In den meisten Fällen übernimmt der Medizinische Dienst die Einstufung in Pflegegrade. Sie dient dazu, die Höhe des Pflegegeldes festzulegen, das die Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person auszahlt. Mit diesem Pflegegeld können Pflegebedürftige Unterstützung in ihrem Alltag finanzieren und damit beispielsweise eine Pflegeperson bezahlen.
Im Rahmen der Pflegereform wurden 2017 durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) die ursprünglichen drei Pflegestufen von den neuen und nun geltenden fünf Pflegegraden abgelöst.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen den ehemaligen Pflegestufen und den aktuellen Pflegegraden im Überblick:
Bis 2017 gültig: Pflegestufen
Anzahl der Stufen: 3
Fokus: Zeitaufwand für Pflege und Betreuung
Berücksichtigung mentaler Einschränkungen: wenig
Seit 2017 gültig: Pflegegrade
Anzahl der Stufen: 5
Fokus: Selbständigkeit der pflegebedürftigen Person im Alltag
Berücksichtigung mentaler Einschränkungen: voll
Die Umstellung von den drei Pflegestufen auf die fünf Pflegegrade diente vor allem dazu, die Hürden für eine finanzielle Unterstützung im Pflegefall zu senken. Zudem sollten so körperlich weitgehend gesunde, aber mental eingeschränkte Menschen mit Erkrankungen wie Demenz besser integriert werden.
Bis 2017 galten nur 3 Pflegestufen
Noch bis Ende 2016 wurden pflegebedürftige Menschen für die Bewilligung von Pflegegeld in die folgenden drei Pflegestufen eingeteilt:
Pflegestufe: Pflegestufe 1
Personengruppe: Erheblich Pflegebedürftige
Kriterien: Brauchen 1 x täglich Hilfe bei mind. 2 Verrichtungen in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und / oder Mobilität plus mehrfach pro Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung
Wöchentl. Zeitaufwand (Tagesdurchschnitt): Mind. 90 Minuten mit mehr als 45 Minuten für Grundpflege
Pflegegeld / Monat: 244 €
Pflegestufe: Pflegestufe 2
Personengruppe: Schwer Pflegebedürftige
Kriterien: Brauchen mind. 3 x täglich Hilfe bei Verrichtungen in den Bereichen Körperpflege, Ernährung und / oder Mobilität plus mehrfach pro Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung
Wöchentl. Zeitaufwand (Tagesdurchschnitt): Mind. 3 Stunden, davon mind. 2 Stunden für Grundpflege
Pflegegeld / Monat: 458 €
Pflegestufe: Pflegestufe 3
Personengruppe: Schwerst Pflegebedürftige
Kriterien: Tag und Nacht konkreter Hilfebedarf
Wöchentl. Zeitaufwand (Tagesdurchschnitt): Mind. 5 Stunden, davon mind. 4 Stunden für Grundpflege
Pflegegeld / Monat: 728 €
Die neuen 5 Pflegegrade
Seit der Pflegereform 2017 wird die Schwere der Pflegebedürftigkeit nach erweiterten Kriterien festgestellt. Betrachtet werden seitdem der ganze Mensch und der Grad seiner Selbstständigkeit im Alltag, das heißt:
Der Gutachter bewertet bei Ihren Angehörigen mit Pflegebedarf nicht mehr nur körperliche, sondern auch geistige Einschränkungen.
Wenn Sie also heutzutage den Pflegegrad für zum Beispiel Ihre Eltern, Ihren Mann oder Ihre Frau beantragen, ist die Wahrscheinlichkeit höher als noch vor einigen Jahren, auch wirklich eine finanzielle Unterstützung zu bekommen.
Wie erfolgt die Pflegegrad-Einstufung?
Die Einstufung in den Pflegegrad erfolgt über ein Begutachtungssystem, das Neue Begutachtungsassessment (NBA): Hierbei fragt z. B. ein Gutachter des Medizinischen Dienstes bei Ihrer angehörigen Person 64 Kriterien aus 6 Lebensbereichen, sogenannten Modulen, ab.
Die Fragen des Gutachters beziehen sich auf die folgenden Bereiche, die unterschiedlich gewichtet werden:
Selbstversorgung: Dieser Bereich wird mit 40 % am wichtigsten in der Begutachtung gewertet. Kann sich die pflegebedürftige Person allein waschen, an- und ausziehen, essen, trinken, Getränke eingießen, die Toilette benutzen etc.?
Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte: Der Gutachter bringt hier in Erfahrung, wie Ihr Angehöriger seinen Tagesablauf gestaltet. Wie beschäftigt er sich, ruht oder schläft? Kann er sich an Veränderungen im Tagesablauf anpassen? Plant er in die Zukunft? Pflegt er Kontakte zu Menschen außerhalb des direkten Umfelds.
Umgang mit krankheits- / therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Wie geht die Person um mit Medikation, Messung und Deutung von körperlichen Zuständen, mit Injektionen und der Versorgung intravenöser Zugänge, Prothesen etc.?
Mobilität: Hierbei geht es um eine Einschätzung dazu, wie beweglich und mobil die pflegebedürftige Person im Alltag ist, z. B. beim Treppensteigen, bei der Fortbewegung im Wohnbereich, beim Umsetzen oder Halten einer stabilen Position. Braucht sie einen Rollator oder einen Rollstuhl zur Fortbewegung?
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: In diesem Bereich wird ermittelt, ob Ihr Angehöriger motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten zeigt. Ist er physisch oder verbal aggressiv gegenüber Personen? Leidet er unter nächtlicher Unruhe? Zeigt er selbstschädigendes Verhalten oder andere inadäquate Verhaltensweisen.
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Die Fragen aus diesem Bereich zielen darauf ab, ob der Pflegebedürftige andere Menschen aus dem eigenen Umfeld erkennt. Kann er sich örtlich und zeitlich orientiere? Erinnert er sich an bestimmte Ereignisse? Kann er Entscheidungen treffen und Bedürfnisse äußern kann? Versteht er Sachverhalte sowie Informationen und kann sich an einem Gespräch beteiligen.
Anhand der Antworten vergibt der Gutachter Punkte, die addiert werden, um den entsprechenden Pflegegrad zu ermitteln. Es gilt: Je höher die Punktzahl, desto höher der Pflegegrad und desto höher die finanzielle Unterstützung für Ihren Angehörigen.
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Jetzt entdeckenWelche Pflegegrade gibt es?
Hier die Pflegegrade in der Übersicht:
Wie viel Geld gibt es bei welchem Pflegegrad
Für welche Pflegegrade es welche Leistungen pro Monat gibt, zeigt Ihnen die folgende Tabelle:
[Stand 2021]
Pflegegrad beantragen - So geht`s
Um für Ihre Angehörigen eine Pflegestufe bzw. einen Pflegegrad zu beantragen, stellen Sie einen formlosen Antrag bei der für ihn oder sie zuständigen Pflegekasse. Die Pflegekassen sind bei der jeweiligen Krankenkasse organisiert, sowohl bei gesetzlich wie auch privat Versicherten. Für den Antrag genügt ein Satz wie: „Hiermit beantrage ich Leistungen der Pflegeversicherung und bitte um Begutachtung“.
Wichtig: Der Antrag muss von der pflegebedürftigen Person bzw. in deren Namen gestellt werden.